Die Spiralgalaxie NGC 772 im Sternbild Widder wurde am 29. November 1785 von Wilhelm Herschel entdeckt. Aufgrund ihres ungewöhnlichen Aussehens, was vermutlich durch Wechselwirkung mit ihrem Begleiter NGC 770 zurückzuführen ist, ist sie auch im Atlas of Peculiar Galaxies von Halton Arp als Arp 78 enthalten.
NGC 772 ist eine 10,3 mag helle und 7,4 x 4,9 Bogenminuten große Spiralgalaxie, die sich in einer Entfernung von 114 Millionen Lichtjahren
befindet. Auf die Entfernung gerechnet beträgt ihr wahrer Durchmesser deshalb rund 220.000 Lichtjahre, was ungefähr die doppelte Größe
unseres eigenen Milchstraßensystems entspricht. Sie besitzt einen kleinen, aber sehr hellen Kern und recht ungewöhnliche Spiralarme. Ein
äußerer Spiralarm ist besonders ausgeprägt und verformt. Man vermutet deshalb, dass sie in der Vergangenheit mit ihrem Nachbarn, der
elliptische Zwerggalaxie NGC 770 direkt südwestlich der Galaxie, in Wechselwirkung stand. In diesem ungewöhnliche Spiralarm findet man
besonders zahlreiche junge und blaue Sternhaufen, die durch einen so genannten Starburst, aufgrund der gravitativen Wechselwirkung mit ihrem
Nachbarn, entstanden sind. Auf lang belichteten Aufnahmen ist auch eine Art Materiebrücken sichtbar, die in Richtung des nun wieder 100.000
Lichtjahre entfernten Begleiters zu zeigen scheint. Andere Spiralarme dieser Galaxie zeigen hingegen keinerlei Anzeichen eines Starburst,
dafür aber ausgeprägte Staubbänder interstellarer Materie zwischen den Spiralarmen.
Zwei Supernovae (SN 2003hl & SN 2003iq) wurden im Jahr 2003 in der Galaxie beobachtet. Beide Supernovae gehörten zum Typ II und wurden
durch den Kernkollaps und anschließende Explosion eines massereichen Sterns von 40 bis 50 Sonnenmassen verursacht.
Die Galaxie, die mit zwei weiteren Sternen ein gleichschenkliges Dreieck bildet, ist bereits mit 4 bis 6 Zoll Öffnung als ovaler und 2:1 elongierter Lichtfleck sichtbar und zeigt bei Vergrößerungen um 100-fach einen kleines, ausgeprägtes Zentrum mit einem etwas dezentral sitzenden sternartigen Kern. Der äußere Halo erscheint dabei eher diffus und sehr schwach. Mit 8 bis 10 Zoll Öffnung erscheint der Kern schon leicht granuliert und in SÖ-NW Richtung elongiert. An der nordwestlichen Seite ist eine schwache Helligkeitsspitze mit dunklem Einschnitt erkennbar, der ein Spiralarm nachzuzeichnen scheint. Mit noch größer Öffnung erscheint nun auch der Halo gemottelt. Nur 3,5 Bogenminuten südwestlich vom Kern befindet sich der 13 mag helle Begleiter NGC 770, der schon in mittleren Teleskopen als diffuses Sternchen zu erkennen ist.
NGC 772 befindet sich nur 1,5 Grad östlich von Gamma Arietis, einem Stern 4,8 Größenklasse. Wenn wir Gamma Ari in die Bildmitte des Suchers einstellen, sehen wir östlich dieses Sterns eine auffällige Dreiergruppe von Sternen 9er Größenklasse. NGC 772 befindet sich ungefähr ein Grad südöstlich dieser Gruppe.
Die Galaxie ist am besten im Herbst und im Winter zu beobachten, wenn das Sternbild Widder hoch im Süden kulminiert. NGC 772 steht Ende Oktober gegen 23:30 Uhr im Süden und erreicht Höhen von mehr als 55 Grad über dem Horizont.