Objekt des Monats - Juni 2022

Messier 91 im Haar der Berenike



M91

Die Galaxie Messier 91 im Sternbild Haar der Berenike
© STScI Digitized Sky Survey (DSS)


Die Galaxie Messier 91 (NGC 4548), im nördlichen Sternbild Haar der Berenike (Coma Berenices), wurde am 18. März 1781 von dem französischen Astronomen Charles Messier aufgefunden. Er beschrieb sie als Nebel ohne Sterne und schwächer als M 90. Die Zuordnung von M 91 zum Messier-Katalog war lange Zeit umstritten, weil der Astronom fälschlicherweise die Koordinaten des Objekts relativ zu M 58 angegeben hatte, aber er in Wahrheit M 89 meinte. Deshalb zählte sie lange Zeit zu den verschollenen Messier-Objekten und passte zu keinem bekannten Objekt am Himmel. Man nahm an, dass der Franzose damals einen Kometen beobachtet hatte oder M 58 doppelt beobachtete. Am 8. April 1784 wurde die Galaxie von dem deutsch-britischen Astronomen Wilhelm Herschel unabhängig wiederentdeckt. Erst 1969 gelang es dem texanischen Amateurastronom W.C. Williams die korrekte Zuordnung des von Messier beobachten Nebels zu NGC 4548. Nebenbei ist die Galaxie das schwächste Objekt in Messier berühmten Nebelkatalog.

Messier 91 ist eine 5,2 x 4,2 Bogenminuten große und 10,1 mag helle Balken-Spiralgalaxie vom Hubble-Typ SBb und befindet sich rund 52 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt, im südlichen Teil von Coma Berenices. Sie ist Mitglied des Virgo-Galaxienhaufens. Mit einem Durchmesser von 100.000 Lichtjahren und einer Masse von 400 Milliarden Sonnen, ist M 91 etwas kleiner als unser eigenes Milchstraßensystem und besitzt einen auffälligen zentralen Balken. Ihre Spiralarme enthalten nur wenig interstellare Materie und HII-Regionen, im Vergleich zu anderen Galaxien, und weisen nur eine geringe Sternbildungsrate auf. M 91 entfernt sich von uns mit 400 km/s. Gleichzeitig besitzt die Galaxie eine relativ hohe Pekuliargeschwindigkeit von 700 km/s im Bezug zum Virgo-Galaxienhaufen. Aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit durch den Galaxienhaufen und Wechselwirkungen mit der dort vorhandenen heißen intergalaktischen Materie, hat M 91 den größten Teil ihrer sternbildenden Materie verloren. Diesen Prozess nennen Fachleute "Ram Pressure Stripping". Messier 91 gehört zum LINER-Typ mit aktivem Galaxienkern. Diese Galaxien zeigen schwache Emissionslinien geringen Ionisationsgrades schwererer Elemente in ihrem Kernbereich. Im Jahr 1994 wurden Cepheidenbeobachtungen in M 91, mit Hilfe des Canada-France-Hawaii-Telescope (CFHT), zur Eichung der Hubble-Konstante verwendet.

Unter guten Sichtbedingungen ist die Galaxie schon mit Hilfe eines kleinen Teleskops von 3 bis 4 Zoll Öffnung und Vergrößerung um 40 bis 50-fach als rundlicher Nebelfleck zu erkennen. Sie bildet mit 3 helleren Sternen ein längliches Y. Für den Amateurastronomen mit kleinen Optiken zählt sie im Allgemeinen aber zu den schwierigsten aller Messier-Objekte, da sie nur eine geringe Flächenhelligkeit besitzt. Unter nicht so guten Bedingungen erscheint M 91, mit 2,5 Zoll Öffnung, nur indirekt. Mit Teleskopen zwischen 6 und 8 Zoll Öffnung ist nicht viel mehr als ein schwacher Lichtball zu erkennen, der zum Zentrum hin merklich heller wird. Das Zentrum erscheint nahezu stellar. Andeutungen des zentralen Balkens sind unter optimalen Bedingungen und guter Transparenz schon mit diesen Öffnungen und mittleren Vergrößerungen wahrnehmbar. Und auch erste Andeutung ihrer Spiralstruktur sind ab 10 bis 12 Zoll Öffnung zumindest zu erahnen.

Die Galaxie befindet sich ungefähr 1 Grad nördlich der Grenze zwischen den Sternbildern Coma Berenices und Virgo. Leider gibt es in der Nähe von M 91 keinen hellen Stern, der das Aufsuchen des Objekts erleichtern könnte. Um den Bereich des Himmels aufzusuchen, in der M 91 zu finden ist, verbinden wir die Strecke zwischen Denebola (Beta Leo, 2,1 mag) und Vindemiatrix (Epsilon Vir, 2,9 mag). Etwa 60% der Strecke zwischen den beiden Sternen befindet sich die Galaxie M 89 (9,9 mag). Messier 91 befindet sich 2 Grad nördlich dieses Objekts.

Messier 91 ist am besten im Frühling zu beobachten, wenn das Sternbild Haar der Berenike bei uns hoch am Himmel steht. Anfang Juni steht M 91 gegen 21 Uhr Sommerzeit im Meridian, in einer Höhe von 52 Grad über dem Südhorizont. Die beste Beobachtungszeit ist, aufgrund der hellen Nächte im Juni, deshalb die Stunden um Mitternacht. Zu diesem Zeitpunkt steht sie noch halbhoch an unserem Himmel.



Map

Aufsuchkarte für Messier 91 im Haar der Berenike (Sterne bis 11 mag)

Download: Telrad- und Aufsuchkarte PDF-Datei (108 KB)
OBJEKT-INFORMATION

Name: M 91 / NGC 4548 / UGC 7753 / PGC 41934 /MCG 3-32-75 / VCC 1615
Objekttyp: Galaxie (Galaxy)
Sternbild: Haar der Berenike (Coma Berenices, Com)
RA (J2000.0): 12h 35m 26.4s
Dec (J2000.0): +14° 29' 47"
B Helligkeit: 10.9
V Helligkeit: 10.1
Flächenhelligkeit: 13.4
Größe: 5.2' x 4.2'
Positionswinkel: 150°
Klassifikation: SBb
Entfernung: 54 Millionen Lj

Beschreibung: B,L,lE,lbM
Notizen: NGC 4571 @ 27.0';H II 120;F outer arms in S pattrn

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