Die beiden Galaxien Messier 84 (NGC 4374) und Messier 86 (NGC 4406), im Sternbild Jungfrau (Virgo), sind zwei dicht beieinander stehende Galaxien im Virgo-Galaxienhaufen. Beide Galaxien wurde am 5. Mai 1779 von dem deutschen Astronom Johann Köhler entdeckt und am 18. März 1781 von dem französischen Astronomen Charles Messier wiederentdeckt. Messier katalogisierte bei seiner systematischen Suche 7 weitere neblige Objekt in dieser Himmelsregion in jener Nacht, die ebenfalls Mitglieder des Virgo-Galaxienhaufens sind, sowie zusätzlich den Kugelsternhaufen Messier 92. Er beschrieb beide Objekte als Nebel ohne Sterne. M 84 und M 86 gehören zur so genannten "Markarians Galaxienkette", einer Gruppe von Galaxien, die sich in einem Gebiet von nur 1,5 Grad Durchmesser befinden. Diese wurde nach dem armenischen Astrophysiker Benjamin Markarjan benannt. Beide Galaxien gehören ferner zu den hellsten Galaxien des Virgohaufens.
Messier 84 ist eine 9,2 mag helle elliptische Galaxie vom Hubble-Typ E1 und besitzt eine Ausdehnung von 6,5 x 5,6 Bogenminuten. Sie befindet sich im dicht besiedelten inneren Kern des Virgo-Galaxienhaufens und liegt 54,9 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Riesengalaxie Messier 87. Nach neusten Erkenntnissen handelt es sich bei M 84 wahrscheinlich um eine linsenförmige Galaxie vom Typ S0, wobei wir nahezu frontal auf die Scheibe der Galaxie schauen. Ihr wahrer Durchmesser beläuft sich auf 110.000 Lichtjahre. Die Galaxie vereinigt rund 400 Milliarden Sterne. Messier 84 markiert den Beginn der Markarjanschen Kette, zu der neben Messier 86, auch die Galaxien NGC 4435, NGC 4438, NGC 4461, NGC 4473, NGC 4477 und M 88 gehören. Messier 84 ist überwiegend von einer älteren Population an Sternen bevölkert, die gelblich erscheinen. Allerdings weist sie auch eine geringe Anzahl an jungen Sternen und Sternhaufen auf, was auf eine geringe Sternentstehungsrate hinweist. Ferner besitzt sie eine Scheibe aus schnell rotierendem Gas und Sternen. Auf HST-Aufnahmen ist eine deutlich sichtbare, länglichen Dunkelwolken erkennbar, die sich in Ost-West-Richtung um den Kern herum erstrecken. M 84 besitzt außerdem eine große Anzahl an kugelförmigen Sternhaufen in ihrem Halo. Ihre Anzahl wird auf 1.800 geschätzt. Die Galaxie stößt aus ihrem Zentrum zwei Materiejet aus, die im Radiolicht und im sichtbaren Licht zu sehen sind. Im Kern befindet sich vermutlich ein 1,5 Milliarden Sonnenmassen schweres Schwarzes Loch, das sich rund 26 Lichtjahre neben dem eigentlich Zentrum der Galaxie befindet. Außerdem ist M 84 von einem massiven Halo aus dunkler Materie umgeben. Drei Supernovas wurden in den letzten Jahrzehnten in M 84 entdeckt (SN 1957B, SN 1980I und SN 1991bg). Sie alle erreichten scheinbare Helligkeiten zwischen 13 und 14 Größenklassen. Diese hohe Rate an Supernovae ist für eine elliptische Galaxie recht ungewöhnlich. Vermutlich enthält die Galaxie auch eine Population von Sternen mittleren Alters.
Messier 86 ist mit einer scheinbaren Helligkeit von 8,9 mag etwas heller als Messier 84 und vom Hubble-Typ E3. Auch sie wird, wie ihr Nachbar M 84, mittlerweile eher zu den linsenförmigen Galaxien vom Typ S0 gezählt. Mit einer Ausdehnung von 8,9 x 5,8 Bogenminuten erscheint sie deutlich elliptischer und größer als M 84. Auch sie vereinigt rund 400 Milliarden Sonnen. Ihre Durchmesser beträgt ungefähr 147.000 Lichtjahre. Sie befindet sich ca. 52 Millionen Lichtjahre von unserer Galaxis entfernt. Im Gegensatz zu den anderen Galaxien im Virgo-Galaxienhaufen, weist M 86 eine hohe Blauverschiebung auf. Sie nähert sich unserer Milchstraße mit 244 km/s. Damit besitzt sie die höchste Blauverschiebung aller Messier-Galaxien. Gegenüber anderen Galaxien im Haufen bewegt sie sich sogar mit 1.700 km/s gegenüber dem Schwerpunkt des Virgo-Galaxienhaufens. Zusätzlich besitzt sie eine tangentiale Bewegungskomponente von 500 km/s in südlicher Richtung. Diese hohe Pekuliargeschwindigkeit einzelner Mitglieder ist bei großen Galaxienhaufen, wie dem Virgo-Haufen, nicht unüblich. Denn aufgrund der enormen Masse, hat diese riesige Ansammlung an Galaxien ein starkes Gravitationsfeld. Auf tiefen Aufnahmen scheinen sich die Außenbezirke beider Galaxien zu überlappen und nur 300.000 Lichtjahre auseinander zu stehen. Offensichtlich stehen beiden Galaxien aber in unterschiedlichen Entfernungen zu uns. Sonst würde die gravitative Störung ihrer Außenbezirke deutlich stärker ausfallen. Es ist aber nicht bekannt, welche Galaxie uns näher steht. Messier 86 ist allerdings durch mehrere Filamente aus ionisiertem Gas mit der stark gestörten Spiralgalaxie NGC 4438 verbunden. M 86 wechselwirkt auch mit der intergalaktischen Materie innerhalb des Galaxienhaufens sehr stark, was Beobachtungen im Röntgenlicht nahelegen. Es existiert eine Art Röntgenschweif. Materie wird durch den Staudruck, wenn sie mit der "Intra-Cluster-Materie" des Haufens wechselwirkt, abgestreift. Dieses Phänomen wird in der Fachliteratur als "ram-pressure stripping" bezeichnet. Das Gas erhitzt sich dabei auf mehrere Millionen Grad Celsius. Der Staub in dieser Materie, der zuvor in kälteren Gaswolken in der Galaxienscheibe enthalten war, wird dabei zerstört. Im Halo der Galaxie gibt es auch eine Reihe von Sternströmen, die als Überreste von Zwerggalaxien interpretiert werden. Messier 86 besitzt ebenfalls eine große Anzahl an Kugelsternhaufen, die allerdings nicht so zahlreich sind, wie die ihres größeren Nachbarn Messier 87. Ihre Anzahl wird auf 3.800 geschätzt.
Beide Galaxien sind unter einem dunklen Landhimmel bereits mit Hilfe eines 10x50 Feldstechers als rundliche Nebelflecken, die 17 Bogenminuten auseinander in Ost-West-Richtung stehen, erkennbar. Mit 3 bis 4 Zoll Öffnung und mittlerer Vergrößerung sind beide Galaxien im selben Okulargesichtsfeld sichtbar. M 86 erscheint nur etwas größer und diffuser als M 84. Beide Objekte besitzen ein sternförmiges Zentrum. Bei M 84 ist jediglich ihr Kern besser definierten. Beide Galaxien erscheinen als ovale Nebelflecken, mit einem etwas hellerem Zentrum. Mit 5 bis 6 Zoll Öffnung sind nun auch die äußeren Halos beider Galaxien besser wahrnehmbar, die fließend in den Himmelshintergrund übergehen. Mit 8 bis 10 Zoll Öffnung fallen die zueinander unterschiedlich ausgerichteten Halbachsen der Galaxien auf. M 84 besitzt einen deutlich abgegrenztes Zentralgebiet, mit sternförmigen Kern. Im selben Gesichtsfeld sind noch weitere Galaxien sichtbar: Direkt südlich von M 84 und M 86 befindet sich noch die 11,5 mag helle Edge-On-Spirale NGC 4388, die ebenfalls Mitglied des Virgo-Galaxienhaufens ist, sowie NGC 4435, NGC 4388 und NGC 4438. Bei NGC 4388 erkennt man mit größerer Öffnung einen dunklen Lichtstreifen in der Scheibe. Nur 1 ½ Grad südöstlich der Gruppe steht auch die Riesenglaxie Messier 87.
Die beiden Galaxien befinden sich nahe der Grenze zum Sternbild Coma Berenices und können recht einfach aufgefunden werden, wenn man das Teleskop ziemlich genau auf die Hälfte der Strecke zwischen den Sternen Denebola (Beta Leonis) und Vindemiatrix (Epsilon Virginis) ausrichtet. M 84 steht nahe am Mittelpunkt dieser Linie, wobei sich M 86 nur eine halbe Vollmondbreite weiter östlich befindet.
Beide Galaxien sind am besten in den Frühlingsmonaten beobachtbar, wenn das Sternbild Jungfrau in mittlerer Horizonthöhe im Süden kulminiert. Ende April stehen M 84 und M 86 um 23 Uhr Sommerzeit im Meridian und in einer Höhe von 50 Grad über dem Südhorizont.