Der Kugelsternhaufen Messier 22 (NGC 6656) im Sternbild Schütze (Sagittarius) wurde als erster Kugelsternhaufen überhaupt in der Astronomiegeschichte von dem deutschen Amateurastronomen Johann Abraham Ihle am 26. August 1665 entdeckt, als er den Planeten Saturn mit seinem 2 Zoll großen Fernrohr beobachtet. Ihle nahm den Sternhaufen allerdings nur als rundes Nebelfleckchen wahr. Möglicherweise wurde der Sternhaufen aber schon von Hevelius bemerkt und ebenfalls von verschiedenen Astronomen wie De Cheséaux, Le Gentil, de la Caille und Bevis katalogisiert. Der Kugelsternhaufen befand sich auch auf Sir Edmund Halleys Liste von 6 Objekten, die er im Jahr 1715 veröffentlichte. Der französische Astronom Charles Messier beobachte den Kugelsternhaufen in der Nacht vom 5. auf den 6. Juni 1764 und nahm ihn, 99 Jahre nach seiner offiziellen Entdeckung, in seinen berühmten Nebelkatalog auf. Ihm gelang es noch nicht, in M 22 einzelne Sterne zu beobachten und beschrieb ihn als runden Nebel ohne Sterne. Erst Wilhelm Herschel konnte ihn am 4. Juli 1783 in einige hundert Einzelsterne auflösen.
Messier 22 kommt von Mitteleuropa aus gesehen nie sehr hoch über dem Horizont und befindet sich weniger als ein Grad von der Ekliptik entfernt. Aufgrund seiner tiefen Stellung wird der 12 Milliarden Jahre alte Kugelsternhaufen bei der Beobachtung der vielen offenen Sternhaufen und Nebel im Sternbild Schütze oft übersehen. Mit einer Helligkeit von 5,1 mag und einem scheinbaren Durchmesser von 32 Bogenminuten, ist der leicht elliptisch erscheinende Kugelsternhaufen vergleichbar mit der scheinbaren Helligkeit und Größe des berühmten Kugelsternhaufens Messier 13 im nördlichen Sternbild Herkules bzw. Messier 5 in der Schlange. Er ist sogar der hellste Kugelhaufen, der von mittleren Breiten aus zu sehen ist. Leider steht er in der Nähe des Zentrums unserer Milchstraße, das von Deutschland aus nie sehr hoch über dem Horizont kommt. Der Kugelsternhaufen wird nur von den Südhimmelobjekten Omega Centauri und 47 Tucanae an Helligkeit übertroffen, die von Mitteleuropa aus aus allerdings nicht zu sehen sind. Der Sternhaufen befindet sich 10.400 Lichtjahre von der Erde entfernt, direkt vor der galaktischen Bulge. Verglichen mit andere Kugelsternhaufen der Milchstraße, befindet sich M 22 von der Entfernung her sehr nahe. Nur Messier 4 im Sternbild Skorpion liegt uns noch deutlich näher. Aufgrund seiner Lage vor dem dichtesten Teil unserer Galaxis, ist M 22 ein regelmäßiger Kandidat für Microlensingereignisse. Mit einem Durchmesser von 97 Lichtjahren und einer Masse von einer halben Milliarde Sonnen, ist M 22 an Größe und Helligkeit vergleichbar mit M 13 und enthält etwa 83.000 sichtbare Sterne. Die Anzahl an Haufenveränderlichen vom RR-Lyare-Typ ist mit 32 ähnlich gering, wie bei seinem berühmteren Pendant. Auch einige Mira-Sterne wurden gefunden, die allerdings im Vordergrund stehen. Leider trübt der interstellare Staub in der Ebene unserer Milchstraße sein Licht um 1,8 Größenklassen. Stünde M 22 an der selben Stelle wie M 13, würde er ihn an Größe und Helligkeit weit übertreffen. Messier 22 ist auch einer von nur 4 Kugelhaufen, die einen Planetarischen Nebel enthalten. GJJC1 wurde im Jahr 1986 zum ersten Mal durch den Infrarotsatelliten IRAS entdeckt und befindet sich ungefähr 1 Bogenminute südlich des Haufenzentrums. Dieser, nur 3 Bogensekunden große Überrest eines sonnenähnlichen Sterns, ist nicht mehr als 6.000 Jahre alt und enthält in seinem Zentrum einen Weißen Zwerg. 1999 wurden durch das Hubble-Weltraumteleskop Microlensingereignisse gefunden, die durch planetengroße Objekte mit 80 Erdmassen verursacht wurden. Im Jahr 2012 wurden unerwarteter Weise, mit Hilfe des Very Large Array in New Mexiko (USA), zwei stellare Schwarze Löcher entdeckt und vom Chandra-Weltraumteleskop bestätigt, die eine Masse zwischen 10 und 20 Sonnen aufweisen. Es wird geschätzt, dass in dem Kugelhaufen 5 bis 100 dieser stellaren Schwarzen Löcher existieren, die auch seinen ungewöhnlich großen Kern, durch die gegenseitige Wechselwirkungen mit Haufensternen, erklären kann.
Messier 22 ist unter einem dunklen Landhimmel bereits mit bloßem Auge als sternartiger Lichtpunkt erkennbar und erscheint uns genau so prächtig wie Messier 13 vor allem, wenn man von südlicheren Breiten aus den Kugelsternhaufen betrachtet. Von Namibia aus gesehen zieht M 22 sogar durch den Zenit. Von Mitteleuropa aus erscheint der am einfachsten aufzulösende Kugelsternhaufen bei weiten nicht so eindrucksvoll, obwohl die hellsten Sterne die 10,7te Größenklasse erreichen, aufgrund seiner südlichen Position mit -24° Deklination. Die Trübung der dichteren Schichten der Erdatmosphäre und die Lichtverschmutzung in Horizontnähe schwächen das Licht des Kugelsternhaufens nachhaltig ab. In einem 7x50 Feldstecher erscheint der Sternhaufen als gleichmäßiger heller vollmondgroßer Nebelfleck und mit einem 10x70 Fernglas etwas heller, mit einem helleren Zentralbereich. Im 3 Zoll Refraktor sind die Ränder des Haufens bereits granuliert und man erkennt eine mäßige Helligkeitszunahme zur Mitte. Im 4 Zöller und höherer Vergrößerung ist der Rand in mehrere Dutzend einzelne Sternen aufgelöst. Mit einem 6 bis 8 Zöller ist der Sternhaufen nahezu vollständig in Einzelsterne unterschiedlicher Helligkeiten aufgelöst, die sich vor allem im südlichen Bereich des Haufens konzentrieren, ebenso sein Zentrum, dass nur eine mäßige Konzentration aufweist. Im Zentralbereich ist eine Dunkelstruktur wahrnehmbar, die das Zentrum in zwei ungleiche Hälften teilt. Mit Teleskopen von 10 bis 12 Zoll Öffnung sieht M 22 regelrecht spektakulär aus. Tausende Sterne verteilen sich über das gesamte Gesichtsfeld, die sich an langen Ketten um das Haufenzentrum arrangieren. Die elliptische Form des Haufens ist nun am deutlichsten zu sehen.
Der Kugelsternhaufen befindet sich in der südlichen Milchstraße in der Nähe des Zentrums und knapp 2,5 Grad nordöstlich des Stern Kaus Borealis (Lambda Sagittari, 2,82 mag). Lambda markiert die Spitze des Teekannen-Asterismus des Schützen. Der Sternhaufen ist bereits in einem Sucherteleskop zu sehen, wenn der Stern Lambda in der Gesichtsfeldmitte steht.
Die beste Jahreszeit, um Messier 22 zu beobachten sind die Sommermonate, wenn das Zentrum der Milchstraße im Süden kulminiert. Anfang August steht der Kugelsternhaufen um 23 Uhr im Meridian und in einer Höhe von 14 Grad über dem Südhorizont.