Die beiden offenen Sternhaufen NGC 7788 und NGC 7790 befinden sich im nördlichen Sternbild Kassiopeia (Cassiopeia). Letzterer wurde am 16. Dezember 1788 von dem deutsch-britischen Astronomen Friedrich Wilhelm Herschel unter Zuhilfenahme seines 18,7-Zoll-Spiegelteleskop entdeckt. Er beschrieb ihn als eine ziemlich dichte Ansammlung großer und kleiner Sterne. Der offene Sternhaufen NGC 7788 wurde am 5. Oktober 1829 von Herschels Sohn John mit einem 18,3-Zoll-Teleskop aufgefunden. Offensichtlich hatte sein Vater diesen Sternhaufen übersehen. John Herschel beschrieb ihn als sehr kleinen und kompakten Sternhaufen mit vielen kleinen Sternen. Auf Fotos sehen NGC 7790 und NGC 7788 wie Zwillinge aus und bilden einen schönen Doppelhaufen. NGC 7790 ist im englischen Sprachraum auch als „The Widow’s Web Cluster” bekannt.
Die beiden kleinen, kompakten offenen Sternhaufen NGC 7788 und NGC 7790 befinden sich im Band der nördlichen Milchstraße. NGC 7790 ist der größere und hellere der beiden Haufen. Er kann mit einer scheinbaren Helligkeit von 8,5 mag und einer Ausdehnung von 5 Bogenminuten bereits mit einem Fernglas oder einem kleinen Teleskop beobachtet werden. Der Sternhaufen besteht aus etwa 130 Sternen und ist zwischen 9.600 und 10.100 Lichtjahre von der Erde entfernt. Seine Ausdehnung beträgt gut 14 Lichtjahre. Mit einem geschätzten Alter von 60 bis 80 Millionen Jahren zählt NGC 7790 zu den jüngeren Sternhaufen in unserem Milchstraßensystem. Er ist besonders reich an jungen, heißen und blauen Sternen. Das Licht dieser Sterne wird durch interstellaren Staub um mehr als eine halbe Größenklasse abgeschwächt. In NGC 7790 wurden vier Cepheiden-Veränderliche (CEab Cas, QX Cas und CF Cassiopeiae) gefunden, deren Helligkeit sich in regelmäßigen Abständen verändert. Zwei dieser Cepheiden (CEa und Ceb Cas) sind sogar Mitglieder desselben Doppelsternsystems mit leicht unterschiedlichen Perioden (5,14 Tage für Stern a und 4,47 Tage für Stern b). Der Abstand zwischen den beiden Sternen beträgt 8.000 Astronomische Einheiten. Cepheiden sind von großer Bedeutung, da ihre Perioden-Leuchtkraft-Beziehung als Standardkerze zur Entfernungsbestimmung im Universum verwendet wird. NGC 7790 ist daher ein beliebtes Ziel für die Kalibrierung dieser Beziehung und stellt somit einen wichtigen Baustein für die kosmische Entfernungsskala dar.
Nur ein Viertel Grad von NGC 7790 entfernt befindet sich der etwas schwächere offene Sternhaufen NGC 7788, der eine scheinbare Helligkeit von 9,4 mag aufweist. Somit ist auch er bereits in größeren Ferngläsern zu erkennen. Mit einem Alter von 20 bis 40 Millionen Jahren ist er etwas jünger als sein hellerer Nachbar. Nach den in der astronomischen Literatur angegebenen Entfernungswerten ist er uns mit 7.750 Lichtjahren deutlich näher. Er ist von einem stellaren Halo aus jungen blauen Sternen mit einer Ausdehnung von etwa 4 Bogenminuten umgeben. NGC 7788 erscheint deutlich lichtschwächer als NGC 7790, ist aber vermutlich im gleichen Sternentstehungsgebiet der Cassiopeia OB4-Assoziation im Perseus-Spiralarm unserer Milchstraße entstanden. Allerdings ist er nicht in der gleichen Molekülwolke entstanden wie NGC 7790. Dadurch sind NGC 7790 und NGC 7788 interessante Objekte für Studien über die Dynamik und Entwicklung von Sternhaufen im Allgemeinen und im Zusammenhang mit Sternentstehungsprozessen in der galaktischen Scheibe im Besonderen. In der Nähe der beiden Objekte befinden sich vier weitere, deutlich lichtschwächere Sternhaufen. Zusammen mit NGC 7788 und NGC 7790 bilden sie eine Sternhaufenkette am Himmel: Dies sind Berkeley 58 (9,7 mag), Frolov 1 (9,2 mag), Harvard 21 (9,0 mag) und King 12 (10,0 mag). Alle diese offenen Sternhaufen können bereits mit von 6 bis 8-Zoll großen Teleskopen beobachtet werden.
Beide Sternhaufen befinden sich in einem sternreichen Gebiet und sind bereits mit einem 10×50-Feldstecher als helle Nebelflecken erkennbar. NGC 7788 erscheint als kleiner, runder Fleck, der von einigen Sternen der 9. Größenklasse überlagert wird. NGC 7790 erscheint dagegen deutlich größer und körniger. In einem 3 bis 4-Zoll Refraktor sind vor dem reichen Sternenhintergrund der herbstlichen Milchstraße bereits etwa ein Dutzend Mitgliedssterne beider Sternhaufen zu erkennen. Dabei erscheint NGC 7790 deutlich lockerer als sein kleinerer Nachbar. In 6 bis 8-Zoll Teleskopen zeigen beide Haufen bei geringer Vergrößerung einige Sterne der elften und zwölften Größenklasse vor einem nebligen Hintergrund aus unaufgelösten Sternen. In NGC 7788 erkennt man im Zentrum einen Stern der 9. Größenklasse, der regelrecht heraussticht. Er ist in östlicher Richtung von schwächeren Sternen umgeben. Bei einer sehr hohen Vergrößerung von 180-fach lassen sich die 12 Sterne der zentralen Verdichtung erkennen. NGC 7790 erscheint etwas heller und auffälliger. Bei einer Vergrößerung von 120-fach sind im Westen drei bis vier sehr helle und weitere mittelhelle Sterne zu erkennen. Am Rande des Sternhaufens erkennt man vor einem nebligen Hintergrund weitere Sterne. Im Süden ist ein spitzes Dreieck aus schwächeren Sternen zu sehen. Die Anzahl der schwächeren Sterne nimmt nach Osten hin stark zu. Im östlichen Bereich befindet sich zudem eine kaum auflösbare Sternverdichtung. Insgesamt erscheint der Sternhaufen stark konzentriert, unregelmäßig und in Ost-West-Richtung leicht oval. Bei einer Vergrößerung von 50-fach sind die Objekte NGC 7788, NGC 7790, Berk 58 und Frolov 1 zusammen in einem Gesichtsfeld erkennbar.
Die Objekte NGC 7788 und NGC 7790 sind relativ leicht zu finden. Sie stehen nur 16 Bogenminuten voneinander entfernt und knapp 2 ½ Grad nordwestlich des 2,3 mag hellen Sterns Caph (Beta Cassiopeiae). Um die beiden Objekte zu finden, stellen wir Beta Cassiopeiae in die Mitte des Suchers ein. Anschließend schwenken wir das Teleskop um 2 Grad nach Nordwesten, bis wir ein Paar aus Sternen der 6. Größenklasse erreichen. Nun zentrieren wir den westlichen der beiden Sterne. Nur 25 Bogenminuten westlich davon entdecken wir NGC 7790 und nur 15 Bogenminuten nordöstlich einen Stern der 6,5 Größenklasse.
Die beste Beobachtungszeit sind die Herbst- und Winternächte, in denen das Sternbild Kassiopeia hoch am Himmel steht. Aus nördlichen Breiten heraus sind beide Sternhaufen sogar zirkumpolar. Mitte Oktober kulminieren beide Objekte gegen 23 Uhr Sommerzeit zenitnah in einer Höhe von 80 Grad über dem Horizont.