NGC 5694 in der Wasserschlange

NGC 5694 ist ein weit entfernter Kugelsternhaufen im südlichen Sternbild Wasserschlange (Hydra). Er wurde am 22. Mai 1784 von dem deutsch-britischen Astronomen Friedrich Wilhelm Herschel entdeckt. Er beschrieb ihn als ziemlich hellen, kleinen und fast runden Nebel, der im Zentrum nicht auflösbar ist. Das Objekt wurde erstmals von den amerikanischen Astronomen Carl Lampland und Clyde Tombaugh im Jahr 1932 aufgelöst und gleichzeitig seine wahre Natur erkannt. Der Kugelhaufen ist in Sir Patrick Caldwell-Moores Deep-Sky-Liste ebenfalls als Caldwell 66 verzeichnet.

Der kugelförmige Sternhaufen besitzt eine scheinbare Helligkeit von 10,2 mag und eine Winkelausdehnung von 4,3 Bogenminuten. Damit ist NGC 5694 bereits in kleineren bis mittleren Teleskopen auffindbar. Der Sternhaufen ist Mitglied des äußeren Halos unserer Galaxie und befindet sich 113.200 Lichtjahre von der Erde entfernt. Damit gehört NGC 5694 zu den am weitesten entfernten Kugelsternhaufen unseres Milchstraßensystems. Sein Abstand vom galaktischen Zentrum beträgt 96.000 Lichtjahre. Sein Durchmesser wird mit 120 Lichtjahren angegeben. Gleichzeitig gilt er als einer der ältesten bekannten Kugelsternhaufen unserer Galaxie und entstand vor fast 12 Milliarden Jahren. Die chemische Zusammensetzung von NGC 5694 ist sehr ungewöhnlich. Man vermutet, dass er in der Vergangenheit von der Milchstraße eingefangen wurde und demzufolge einen extragalaktischen Ursprung hat. Des Weiteren vermutet man, dass sich NGC 5694 auf einer ungebundenen, hyperbolischen Bahn um unsere Heimatgalaxie bewegt. Denn der Sternhaufen ist weit genug vom galaktischen Zentrum entfernt, dass er nur lose durch die Schwerkraft unserer Milchstraße gebunden ist. Außerdem bewegt er sich so schnell durch den Raum, dass er in naher Zukunft wahrscheinlich dem Gravitationseinfluss unserer Galaxie entkommen wird. Der Kugelsternhaufen enthält schätzungsweise 250.000 Sterne, wobei keine Haufenveränderliche (RR-Lyrae-Sterne) in ihm bekannt sind.

Aufgrund seiner südlichen Lage kommt NGC 5694 von Mitteleuropa aus gesehen nicht sehr hoch über dem Horizont und ist demzufolge nicht leicht zu erkennen. So sind mindestens Teleskope ab 4 bis 6 Zoll Öffnung notwendig, um ihn bei mittleren Vergrößerungen um 70-fach als sehr schwachen Lichtfleck zu erkennen, der eindeutig nicht stellar erscheint. Mit Öffnungen zwischen 8 und 10 Zoll und 100 bis 200-facher Vergrößerung erscheint NGC 5694 ebenfalls nur als runder Nebel, mit einem helleren Zentralbereich. Indirekt sieht sein Zentrum leicht sternförmig aus. Erste Sterne der 15. Größenklasse in den Randbereichen des Haufens erscheinen unter sehr guten Sichtbedingungen mit Öffnungen ab 20 Zoll und mehr.

Der Kugelsternhaufen liegt im östlichen Teil der Hydra, direkt an der südlichen Grenze zum Sternbild Waage. Als Orientierungshilfe kann der helle Hauptstern Antares (Alpha, Sco, 1,0 mag) dienen. Denn er befindet sich nur 24 Grad östlich des Kugelsternhaufens. Wir gehen beim Aufsuchen von Zubenelgenubi (Alpha Lib, 2,75 mag) aus. Ungefähr 10 Grad südliches dieses Sterns befindet sich ein 3 ½ Grad langes hübsches Sternenmuster aus 4 und 6 mag hellen Sternen. Das sind die Sterne 4, 54, 55, 56, und 57 Hydrae. Diese Sterne bilden den Körper des heute nicht mehr existierenden Sternbilds Noctua, der Nachteule. Wir stellen den 5,76 mag hellen Stern 57 Hydrae in die Suchermitte ein und schwenken das Teleskop 2 Grad in Richtung Westen, zu einer auffälligen Sternengruppe aus vier 7 mag hellen Sternen. NGC 5694 befindet sich im nördlichen Teil dieser Gruppe.

Die beste Beobachtungszeit, um den Kugelsternhaufen zu beobachten, ist von März bis Juni, wenn NGC 5694 bei uns am höchsten steht. Anfang Juni kulminiert der Kugelhaufen um 23 Uhr Sommerzeit in einer Höhe von nur 11 Grad über dem Südhorizont.