Der "Doppelsternhaufen" NGC 1807 & NGC 1817

NGC 1807 ist eine Sternengruppe (Asterismus) und NGC 1817 ein offener Sternhaufen im Sternbild Stier (Taurus), die oft als "Doppelsternhaufen" betrachtet werden. NGC 1807 wurde von John Herschel, dem Sohn des deutsch-britischen Astronomen Friedrich Wilhelm Herschel, am 25. Januar 1832 entdeckt. NGC 1817 wurde von Wilhelm Herschel am 19. Februar 1784 gefunden. NGC 1807 hat Johns Vater in jener Nacht offenbar übersehen. Da beide Objekt sehr dicht beieinander stehen, werden die Objekte im angelsächsischen Sprachraum auch als "The Poor Mans Double Cluster" bezeichnet.

Im Skyatlas 2000.0 sind an der südöstlichen Grenze des Sternbilds Stier zum Sternbild Orion zwei Sternhaufen verzeichnet, die zusammen eine Art Doppelsternhaufen, ähnlich h & Chi im Sternbild Perseus, bilden. Sie sind jedoch längst nicht so sternreich und eindrucksvoll wie dieser. In Wahrheit ist auch nur einer davon ein echter Sternhaufen: NGC 1817. NGC 1807 ist nur ein Asterismus aus einer zufällig und scheinbar dicht beieinander stehenden Gruppe aus 8 hellen und 6 bis 8 schwächeren Sternen. Die Sterngruppe ist in Form eines 17 Bogenminuten großen "Y" angeordnet und besitzt eine scheinbare Helligkeit von 7,0 mag. Einige Beobachter meinen dort einen Figur mit weit ausgestreckten Armen zu erkennen. Die Sternengruppe ist nur mäßig konzentriert und hebt sich gut von der Umgebung ab. Rund 37 Mitglieder werden zu diesem Asterismus gezählt.

NGC 1817 ist im Gegensatz zu NGC 1807 ein echter sternenreicher und locker konzentrierter offener Haufen, mit einer Helligkeit von 7,7 mag und einer Winkelausdehnung von 16 Bogenminuten. Er befindet sich 6.430 Lichtjahre von der Erde und nur 26 Bogenminuten von NGC 1807 entfernt. Das entspricht ungefähr dem Durchmesser des Vollmondes an unserem Himmel. Mit dieser Entfernung befindet sich NGC 1817 im äußeren Teil des Perseus-Spiralarms unserer Galaxis und nahezu gegenüber dem galaktischen Zentrum. Sein Alter beträgt zwischen 800 Millionen und 1,2 Milliarden Jahren. Damit ist NGC 1817 etwas Älter als die Hyaden im selben Sternbild. Messungen von 810 Sternen, innerhalb eines 1,5 GHrad großen Region nahe des Zentrums, deuten darauf hin, dass der Haufen 169 Mitglieder umfasst. Einige Quellen sprechen sogar von 280 Mitgliedern, die meist schwächer als 12. Größenklasse sind. Darunter sind 26 veränderliche Sterne, mit 3 Gamma-Doradus-Veränderliche, und 16 Delta-Scuti-Sterne. Visuell sind allerdings nur 70 Mitgliedssterne in Amateurteleskopen erkennbar. Wahrscheinlich gehören einige Sterne von NGC 1807 zu NGC 1817 und somit zu einem einzigen sehr großen offenen Sternhaufen von rund einem Grad Ausdehnung, mit zwei Kernen, die durch eine V-förmige Lücke getrennt sind. Damit beträgt der wahre Durchmesser von NGC 1817 rund 100 Lichtjahre.

Beide Objekte sind aufgrund ihrer Helligkeit bereits in einem 10x50 Feldstecher als unscharfes Glühen erkennbar. Der hellere, NGC 1807, ist am besten bei mittleren Vergrößerungen zu erkennen. Mit schwacher Vergrößerung erscheint dieser unregelmäßig und nur schwach konzentriert. Man erkennt im 3 bis 4 Zoll großen Refraktor rund ein Dutzend Sterne der 8. bis 12. Größenklasse. Im Zentrum steht ein 9 mag heller Doppelstern (HJ 3268), dessen beiden 9,4 und 10,1 mag hellen Komponenten 10 Bogensekunden auseinander stehen. In Teleskopen von 6 bis 8 Zoll Öffnung sind noch mehr schwächere Sterne sichtbar, so dass sich die Anzahl seiner Sterne auf 30 erhöht. Der Zentralbereich wird geprägt aus einem Dreieck aus rund einem Dutzend Sternen. Die helleren Sterne konzentrieren sich im nördlichen und südlicheren Bereich der auffälligsten, Bumerang förmigen Sternenkette. In der Nähe des "Zentrums" befindet sich die 15 mag helle Galaxie PGC 16865, die allerdings nur mit sehr großen Instrumenten ab 24 Zoll visuell zu erkennen ist. NGC 1817 befindet sich direkt nordöstlich von NGC 1807 und erscheint bei niedriger Vergrößerung im selben Gesichtsfeld. Im 3 bis 4 Zoll Teleskop ist bei mittleren Vergrößerungen um 50-fach eine Kette aus 9 ½ bis 10 mag hellen Sternen sichtbar, die sich in Nord-Süd-Richtung konzentrieren. Indirekt erscheint der Sternhaufen nun deutlich größer als sein Nachbar NGC 1807. Der Hintergrund bleibt ebenfalls noch körnig. Östlich dieser Kette sind die Sterne deutlich lichtschwächer. Mit 6 bis 8 Zoll Öffnung sind bereits 60 Sterne wahrnehmbar, die sich recht locker verteilen. Der östliche Bereich des Haufens enthält viele schwächere Sterne. Drei helle, in einem Bogen stehende Sterne stechen am Westrand des Haufens hervor. Bei 120-fache Vergrößerung ist jeder der beiden Sternhaufen formatfüllend. NGC 1817 wird noch etwas besser aufgelöst, auch in NGC 1807 werden noch einige zusätzliche lichtschwache Sterne sichtbar.

Die beiden Objekte befinden sich direkt an der Grenze zum Sternbild Orion und oberhalb der Strecke zwischen Meissa (Lambda Ori, 3,4 mag) und Aldebaran (Alpha Tau, 0,8 mag). NGC 1807/1817 bilden mit diesen beiden Sternen eine Art flaches Dreieck. NGC 1807 besitzt die selbe Deklination wie Aldebaran. Wir stellen den Hauptstern des Stiers in die Gesichtsfeldmitte ein und schwenken das Teleskop knapp 10 Grad in Richtung Osten. Nun sollte NGC 1807/1817 oberhalb einer kleinen Kette aus drei Sternen der 5. Größenklasse, wobei der südwestliche der beiden Sterne 11 Ori und der mittlere 15 Ori ist, im Sucher auftauchen.

NGC 1807 und NGC 1817 sind typische Objekte des Herbst und Winterhimmels und stehen Anfang Januar um 22:30 Uhr im Meridian. Dabei erreichen der "Doppelsternhaufen" eine Höhe von 55 Grad über dem Südhorizont.