Der Doppelsternhaufen NGC 869 und NGC 884 im nordwestlichen Teil des Sternbilds Perseus ist als nebliges Wölkchen inmitten der Milchstraße
schon seit der Antike bekannt und wurde um 130 v. Chr. vom griechischen Astronomen Hipparchos von Nicaea schriftlich überliefert. Auch andere
große Astronomen der vorteleskopischen Ära wie Ptolemäus, Nicolaus Copernicus und Tycho Brahe erwähnten einen nebelhaften Stern zwischen
den Sternbildern Perseus und Kassiopeia. Im Jahr 1654 beschrieb der italienische Astronom Hodierna seine Beobachtung des Doppelsternhaufens mit
seinem Teleskop als einen "in Sterne auflösbaren Nebel". John Flamsteed und Jean-Philippe de Cheseaux erkannten ebenfalls die Natur der beiden
Sternhaufen. Im Herbst 1788 beobachtet schließlich Wilhelm Herschel die beiden Objekte und trug sie als Nummer 33 und 34 in seine Liste
reicher und stark verdichteter Sternhaufen ein. Warum Charles Messier NGC 869 und NGC 884 nicht in seine berühmte Liste der Sternhaufen und
Nebel aufnahm, ist nicht bekannt. Die Bezeichnung h ("Ha") für die westliche Komponente (NGC 869) und ? ("Chi") für die östliche (NGC 884)
ist heutzutage die geläufige Bezeichnung für den Doppelsternhaufen im Perseus und stammt aus der 1603 erschienen "Uranometria" von Johann
Bayer.
Die beiden offenen Sternhaufen NGC 869 und NGC 884 stehen 7.500 Lichtjahre von der Erde entfernt und befinden sich damit auch räumlich sehr
nahe beisammen. Mit einem Alter von 12 bis 13 Millionen Jahren sind die Mitgliedssterne noch sehr jung - zum Vergleich sind die berühmten
Plejaden im Sternbild Stier mit einem Alter von ungefähr 100 Millionen Jahren deutlich älter - und sind Teil der 1.000 x 800 Lj großen
Perseus OB1-Assoziation. Diese besteht aus jungen und massereicher Sternen, die wiederum Mitglieder eines Raumbereichs sind, zu denen weitere
junge Sternhaufen und H-II Regionen gehören und ein Teil des nächst äußeren Spiralarms der Galaxis nachzeichnen.
In beiden Sternhaufen dominieren sehr leuchtkräftige blaue und rote Riesen bzw. Überreisen, die zum Teil mehr als 50.000fache
Sonnenleuchtkraft erreichen. Davon besitzt der heißeste Hauptreihenstern die Spektralklasse B0. Das Sternenlicht der beiden Haufen wird durch
die interstellare Absorption um rund 2 Magnituden abgeschwächt, so dass sie ohne Absorption noch deutlich heller erscheinen würden. Einige
von ihnen werden in den nächsten Millionen Jahren als Supernova explodieren. Bei einer scheinbaren Ausdehnung von 30 Bogenminuten am Himmel
bzw. rund 60 Lichtjahren, mehreren hundert Mitgliedssternen, und einer gemeinsamen Masse von 10.000 Sonnen, gehören beide Objekte auch zu den
massereichsten und leuchtkräftigsten offenen Sternhaufen unseres eigenen Milchstraßensystems.
In einem kleinen Teleskop ist es einfach ein Genuss, die Mitgliedssterne von NGC 869 und NGC 884 zu beobachten: Sie erscheinen wie blaue
Diamanten vor einem samtschwarzen Hintergrund. Und selbst mit einem kleinen Teleskop aus der Großstadt heraus, ergibt sich ein beeindruckender
Anblick. Kein Wunder also, dass der Doppelsternhaufen zu den schönsten Deep-Sky Objekten jenseits des Messier-Katalog gehört und auch in den
verschiedensten Beobachterlisten zu finden ist.
In einer mondscheinlosen Nacht, auch bei nicht ganz optimalen Bedingungen, erscheinen die Haufen dem bloßen Auge als längliches Wölkchen
inmitten der Herbstmilchstraße. Mit einem kleinen 8x30 Fernglas sind beide Haufen schon sehr leicht in Einzelsterne auflösbar. Jeweils 15
Mitglieder der 6. Größenklasse stehen hier inmitten eines reichen Sternenfeldes, umgeben von einem hellen Nebel schwächerer und nicht
aufgelöster Sterne. Mit großen Gesichtsfeldern sollte 2,5 Grad nordwestlich von h und Chi Persei auch der deutlich größere offene
Sternhaufen Stock 2 erkennbar sein. Mit einem 2,5 Zöller und geringer Vergrößerung sind beide Haufen vollständig aufgelöst. Sichtbar sind
jeweils 40 bis 50 bläuliche bis weißliche Sterne in einem 1,5 Grad großen Gebiet. Bei noch höherer Vergrößerung und folglich kleinerem
Gesichtsfeld verliert sich aber etwas der Gesamteindruck. h Persei (NGC 869) ist der hellere und massereichere der beiden Sternhaufen und
besitzt eine scheinbare Helligkeit von 5,3 mag. Mit 100facher Vergrößerung erscheint das Zentrum deutlich kompakter. Erkennbar und besonders
auffällig sind zwei halbkreisförmige und unterschiedlich große Sternenketten. Der scheinbar 6,3 mag helle Chi Persei (NGC 884) unterscheidet
sich deutlich von seinem Nachbarn: Hier dominieren eher enge Dreiergruppen und schwächere Sternenketten. Ein kompaktes Zentrum fehlt hier
völlig. Auffällig bei NGC 884 sind auch drei helle Sterne oranger Färbung, die wunderbar mit den anderen Mitgliedern kontrastieren. Hierbei
handelt es sich um veränderliche rote Überriesensterne. Ein oranger Stern befindet sich sogar exakt zwischen den Sternhaufen, etwas unterhalb
der Verbindungslinie der beiden Haufenzentren. Ab 10 Zoll Öffnung sind in beiden Haufen schon über 200 Sterne erkennbar. Allerdings darf man
nicht allzu stark vergrößern, um den hübschen Gesamtanblick nicht zu verlieren. Ein Vorteil einer größeren Öffnung, gepaart mit einer
höheren Vergrößerung, ist aber, dass die Zentren deutlich besser aufgelöst und noch mehr Sterne und Details sichtbar werden.
Der Doppelsternhaufen im Perseus befinden sich etwas unterhalb der Verbindungslinie zwischen den Sternen Eta Persei und Epsilon Cassiopeiae und
erscheinen dem bloßen Auge als eine Art zweigeteilter und länglicher Nebelfleck. Bei ungünstigen Sichtbedingungen verlängert man die
Verbindungslinie zwischen Alpha und Gamma Persei um 5° in Richtung des Sternbilds Kassiopeia und schwenkt danach 2,5° nach Süden.
Der Doppelsternhaufen h und Chi Per ist ein typisches Objekt des Herbsthimmels und kulminiert zenitnah Anfang Dezember gegen 22 Uhr.