Objekte des Monats: Die Hyaden Melotte 25

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Die Hya­den, auch „Regen­ge­stirn“ genannt, sind nach den Ple­ja­den der bekann­tes­te offe­ne Stern­hau­fen an unse­rem Him­mel. Sie bil­den den Kopf des Stern­bil­des Stiers (Tau­rus) und sind auch unter ihrem Eigen­na­men seit dem Alter­tum bekannt. So wird der Stern­hau­fen schon in den Auf­zeich­nun­gen von Homer bis Ovid erwähnt. Die Hya­den stel­len die himm­li­schen Halb­schwes­tern der Ple­ja­den und die fünf Töch­ter von Atlas und Aithra dar, die den Tod ihres Bru­ders Hyas, der auf der Jagd getö­tet wur­de, betrau­ern. Die Hya­den wer­den im Mes­siers berühm­ten Nebel­ka­ta­log sowie im NGC-Kata­log nicht auf­ge­führt. In dem vom bri­ti­schen Astro­no­men Phi­li­bert Jac­ques Melot­te erstell­ten Kata­log der Stern­hau­fen, wer­den die Hya­den als Melot­te 25 geführt. Im Kata­log der offe­nen Stern­hau­fen von Per Col­lin­der, der 471 Objek­te umfasst, ist das Objekt als Col­lin­der 50 ver­zeich­net. Die auf­fäl­li­ge Ster­nen­grup­pe wur­de aber bereits von dem ita­lie­ni­schen Natur­for­scher Gio­van­ni Batis­ta Hodier­na um das Jahr 1654 kata­lo­gi­siert und ist in vie­len Stern­at­lan­ten des 17. und 18. Jahr­hun­derts abge­bil­det. Auf­grund sei­ner gerin­gen Ent­fer­nung zur Erde, gehört der offe­ne Stern­hau­fen zu den aus­ge­dehn­tes­ten Objek­ten sei­ner Klas­se an unse­rem Him­mel und bil­det zusam­men mit den Ple­ja­den, die sich 12° nord­west­lich der Hya­den befin­den, das so genann­te „Gol­de­ne Tor der Eklip­tik“. Die Hya­den sind auch in Sir Patrick Moo­res Kata­log als Cald­well 41 aufgeführt.

Ein offener Sternhaufen in unserer kosmischen Nachbarschaft

Das "Goldene Tor der Ekliptik"
Die Venus nähert sich dem „Gol­de­nen Tor der Eklip­tik“ – Auf­nah­me aus dem März 2012

Die Hya­den sind mit mehr als 5 ½ Grad im Durch­mes­ser und 0,5 mag Hel­lig­keit schon sehr leicht mit dem blo­ßen Auge zu erken­nen. Etwas ober­halb des Stern­hau­fens ver­läuft die Eklip­tik. Aus die­sem Grund zie­hen Son­ne, Mond und auch die Pla­ne­ten regel­mä­ßig am Stern­hau­fen vor­bei. Der Mond kann auf sei­nem monat­li­chen Lauf sogar ein­zel­ne Hya­den­ster­ne bede­cken. Die Hya­den sind nach dem Bären­strom (Col­lin­der 285), der unter ande­rem auch die hells­ten Ster­ne des Gro­ßen Wagen Aste­ris­mus umfasst und als Ursa-Major-Grup­pe bekannt ist, der uns am nächs­ten lie­gen­de offe­ne Stern­hau­fen und laut den Hip­p­ar­cos-Daten nur 153 Licht­jah­re von der Erde ent­fernt. 23 hel­le Ster­ne bil­den ein mar­kan­tes V‑förmiges Mus­ter. Der hells­te Stern die­ses Mus­ters ist Alde­ba­ran (Alpha Tau­ri). Aller­dings ist der 0,9 mag hel­le Haupt­stern des Stern­bilds Stier, mit 66 Licht­jah­ren Distanz zur Erde, kein ech­tes Mit­glied des Stern­hau­fens und befin­det sich weit im Vor­der­grund. Alde­ba­ran besitzt als roter K‑Riese den 45-fachen Durch­mes­ser und die 150-fache Hel­lig­keit unse­rer Son­ne und bewegt sich am Him­mel ent­ge­gen­ge­setzt zu den Hya­den. Er besitzt ein rund 10-mal so hohes Alter wie die Hya­den­ster­ne und die 2,5‑fache Mas­se unse­res Zentralgestirns.

Taurus Molecular Cloud
Inter­stel­la­rer Staub der „Tau­rus Mole­cu­lar Cloud“ zwi­schen den Hya­den und Plejaden

Abso­lut gese­hen besit­zen die Hya­den rund 200 Mit­glieds­ster­ne, eine Aus­deh­nung von rund 17,6 Licht­jah­ren und ein Alter von 625 Mil­lio­nen Jah­re. Somit sind sei­ne Mit­glieds­ster­ne deut­lich wei­ter ent­wi­ckelt, als zum Bei­spiel die Ster­ne der Ple­ja­den, die ein Alter von nur 15 Mil­lio­nen Jah­re auf­wei­sen. Mit einem Fern­glas sind 130 Ster­ne hel­ler als 9. Grö­ßen­klas­se inner­halb der Hya­den erkenn­bar. Um den Stern Epsi­lon Tau­ri wur­de auch ein Exo­pla­net-Kan­di­dat ent­deckt. Der Gas­rie­se ist der ers­te Pla­net, der in einem offe­nen Stern­hau­fen gefun­den wur­de. Fünf der hells­ten Mit­glieds­ster­ne der Hya­den sind in ihrer Ent­wick­lung schon weit fort­ge­schrit­ten und haben sich von der Haupt­rei­he weg ent­wi­ckelt. Sie befin­den sich nun am unte­ren Ende des Rie­sen­as­tes im Herz­sprung-Rus­sell-Dia­gramm (HRD). Auf­grund der gerin­gen Ent­fer­nung zur Erde, stel­len die Hya­den einen wich­ti­gen Eck­pfei­ler der Astro­phy­sik für die kos­mi­sche Ent­fer­nungs­lei­ter dar und gehö­ren zu den am bes­ten erforsch­ten offe­nen Stern­hau­fen an unse­rem Him­mel. Die tri­go­no­me­tri­sche und Stern­strom-Par­al­la­xe wur­den sehr genau ver­mes­sen, so dass die abso­lu­ten Hel­lig­kei­ten sei­ner Mit­glieds­ster­ne sehr genau bekannt sind.

Der Hyaden-Strom

Die Hya­den – Auf­nah­me von Bern­hard Hubl & CEDIC Team, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Bereits im Jahr 1869 erkann­te der ame­ri­ka­ni­sche Astro­nom R.A. Proc­tor, dass die Hya­den und ande­re Ster­ne in der Umge­bung des Stern­hau­fen, einem aus­ge­dehn­ten Ster­nen­strom ange­hö­ren und räum­lich gese­hen im wei­ten Umfeld unse­rer Son­ne ste­hen müs­sen. Sie sind ein so genann­ter Bewe­gungs­stern­hau­fen, der als Hya­den-Strom bzw. Tau­rus-Strom bezeich­net wird. Sei­ne Mit­glieds­ster­ne bewe­gen sich par­al­lel mit 43 km/s in eine Rich­tung. Der Kon­ver­genz­punkt (Ver­tex) befin­det sich etwas öst­lich des Sterns Betei­geu­ze im Stern­bild Ori­on. Die Hya­den sind im Bezug auf Alter, Bewe­gungs­rich­tung und Zusam­men­set­zung der Prae­se­pe (Mes­sier 44) im Stern­bild Krebs sehr ähn­lich. So liegt der Ver­dacht nahe, dass bei­de Stern­hau­fen an einem gemein­sa­men Ort ent­stan­den sind und sich auf­grund ihrer Eigen­be­we­gung heut­zu­ta­ge meh­re­re 100 Licht­jah­re von­ein­an­der ent­fernt haben. Aller­dings sind 85% der Ster­ne im Hya­den-Strom nicht gemein­sam ent­stan­den. Sie besit­zen auf­grund ihrer Metal­li­zi­tät ganz unter­schied­li­che Alter. Ihre gemein­sa­me Bewe­gung wird durch Gezei­ten­ef­fek­te des mas­se­rei­chen rotie­ren­den Bal­kens im Zen­trum unse­res Milch­stra­ßen­sys­tems erklärt. Der im süd­li­chen Stern­bild Pen­del­uhr lie­gen­de Stern Iota Horo­lo­gii ist übri­gens ein ehe­ma­li­ges ech­tes Mit­glied unse­res Stern­hau­fens. Die­ser befin­det sich aber, mit einer Ent­fer­nung von 56 Licht­jah­ren, deut­lich näher in Rich­tung unse­res Son­nen­sys­tems. In rund 50 Mil­lio­nen Jah­ren wer­den sich die Hya­den so weit von uns ent­fernt haben, dass der Stern­hau­fen nur noch als ½ Grad gro­ßes Objekt am Him­mel erschei­nen wird.

Ein Sternhaufen in Auflösung

Die Hya­den besit­zen ein Alter, wo sich vie­le offe­ne Stern­hau­fen auf­zu­lö­sen begin­nen. Eine Ursa­che ist die Bewe­gung und gra­vi­ta­ti­ve Ein­fluss­nah­me der Mit­glie­der inner­halb des Stern­hau­fens unter­ein­an­der. Aller­dings sind ande­re Ster­ne der Milch­stra­ße, die sich ent­ge­gen dem Umlaufs­inn der Mit­glieds­ster­ne bewe­gen sowie die Gezei­ten­kräf­te der gesam­ten Gala­xis auf die Außen­rän­der des Hau­fens, der maß­geb­li­che Grund für des­sen Auf­lö­sung. Es wird ange­nom­men, dass der Stern­hau­fen heut­zu­ta­ge noch eine Mas­se von 400 bis 1.200 Son­nen­mas­sen besitzt, inner­halb des Gezei­ten­ra­di­us von 33 Licht­jah­ren. Ein­zel­ne Mit­glieds­ster­ne haben sich aber bereits über einen sehr gro­ßen Raum­be­reich ver­teilt. Ursprüng­lich ent­hiel­ten die Hya­den 800 bis 1.600 Son­nen­mas­sen. Wei­ter außen lie­gen­de Mit­glie­der fin­den sich man noch in einem Umkreis von rund 78 Licht­jah­ren um das Zentrum.

Der Hya­den-Gezei­ten­strom nach den Daten von Gaia – Cre­dit: ESA/Gaia/DPAC; S. Jordan/T. Sagris­ta, CC BY-SA IGO 3.0, via Wiki­me­dia Commons

Eine aktu­el­le Stu­die aus dem März 2021, die auf Daten des Astro­me­trie-Satel­li­ten Gaia erstellt wur­den, zei­gen S‑förmige Gezei­ten­schwei­fe, die den Stern­hau­fen bogen­för­mig umge­ben. Die­se besit­zen eine Aus­deh­nung von mehr als 5.000 Licht­jah­ren. Sol­che Gezei­ten­schwei­fe wur­den auch bei kugel­för­mi­gen Stern­hau­fen gefun­den, die die Milch­stra­ße im Halo umkrei­sen. Auf Grund­la­ge von Com­pu­ter­si­mu­la­tio­nen ver­mu­tet man, dass ein ein so genann­ter Sub­ha­lo aus Dunk­ler Mate­rie, von rund 10 Mil­lio­nen Son­nen­mas­sen, die Gezei­ten­schwei­fe bei den Hya­den ver­ur­sa­chen und für die Auf­lö­sung des Stern­hau­fens ver­ant­wort­lich ist. Denn ande­re mas­se­rei­che Objek­te, wie eine Gas­wol­ke oder ein ande­rer mas­se­rei­cher Stern­hau­fen, wur­den in der unmit­tel­ba­ren Umge­bung der Hya­den nicht gefun­den. Irgend­wann wer­den sich die Mit­glieds­ster­ne so weit im Raum ver­streut haben, dass der Stern­hau­fen als sol­ches nicht mehr zu erken­nen ist. Auch unse­re Son­ne war ursprüng­lich mal ein Mit­glied eines offe­nen Stern­hau­fens. Des­sen Ster­ne haben sich in den 4,5 Mil­li­ar­den Jah­re bereits über die gesam­te Gala­xis verteilt!

Beobachtung

Die Hya­den sind unter einem dunk­len Land­him­mel am bes­ten mit blo­ßem Auge zu erken­nen und kön­nen bereits aus der Stadt her­aus bei auf­ge­hell­tem Him­mel gese­hen wer­den. Rund 5 bis 7 Mit­glieds­ster­ne bil­den mit blo­ßem Auge eine an den Buch­sta­ben „V“ erin­nern­de Figur. Wei­te­re Dut­zend Ster­ne sind eben­falls mit dem blo­ßen Auge zu erken­nen, wenn man den hel­len Stern Alde­ba­ran mit dem Dau­men abschirmt. Selbst klei­ne Tele­sko­pe kön­nen den Stern­hau­fen nicht voll­stän­dig erfas­sen. Und auch ein 7x50 Fern­glas besitzt schon eine zu hohe Ver­grö­ße­rung. Unter Zuhil­fe­nah­me eines Opern­gla­ses, passt der Stern­hau­fen gera­de noch in das Gesichts­feld. In mei­nem 5x25 Visi­on­king Feld­ste­cher, der ein Gesichts­feld von 15° besitzt, kann der Stern­hau­fen voll­stän­dig über­blickt wer­den. Hier sind dann mehr als 40 Ein­zel­ster­ne zu erken­nen. Mit einem 10x50 Feld­ste­cher sind ca. 130 hel­le und mäßig schwa­che Ein­zel­ster­ne wahr­nehm­bar, die sich auf ein Gebiet von dem 11-fachen Durch­mes­ser des Voll­mon­des ver­tei­len. Im nörd­li­chen Bereich des Hau­fens erkennt man eine klei­ne­re Grup­pe, zu der auch Upsi­lon, Kap­pa und Ome­ga Tau­ri gehö­ren. Die­se erscheint wie ein los­ge­lös­ter Teil der Hya­den. Wei­ter im Süden befin­det sich eine wei­te­re klei­ne Grup­pe aus drei oder mehr Ster­nen, inklu­si­ve Mu Tau. Auf­fäl­lig sind auch die schö­nen oran­ge­far­be­nen Rie­sen­ster­nen wie Gam­ma, Del­ta, Epsi­lon und Theta‑1 Tauri.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für die Hya­den (Melot­te 25) – erstellt mit SkytechX

Der Stern­hau­fen ent­hält wei­te­re attrak­ti­ve Ster­nen­paa­re und Ster­nen­grup­pen, wobei das Ster­nen­paar The­ta Tau­ri, mit 5,7 Bogen­mi­nu­ten Abstand und 3,4 und 3,8 mag Hel­lig­keit, theo­re­tisch schon mit dem blo­ßen Auge getrennt wer­den kann. Sie gel­ten nach dem Stern Mizar im Gro­ßen Bären als zwei­ter Augen­prü­fer am Him­mel. Hier­bei han­delt es sich aber um einen opti­schen Dop­pel­stern, des­sen Kom­po­nen­ten inner­halb der Hya­den 9 Licht­jah­re aus­ein­an­der ste­hen. Nur 3 ½ Grad nord­öst­lich von Alde­ba­ran befin­det sich mit NGC 1647 ein wei­te­rer offe­ner Stern­hau­fen der 6. Grö­ßen­klas­se. Die­ser besitzt einen schein­ba­ren Durch­mes­ser von 40 Bogen­mi­nu­ten und ist bereits in Fern­glä­sern in 9 mag hel­le Ein­zel­ster­ne auflösbar.

Um den Stern­hau­fen zu beob­ach­ten, sucht man sich am bes­ten eine dunk­le Herbst- oder Win­ter­nacht aus. Das Auf­fin­den des Sternen‑V, im Kopf des Stern­bilds Stier, berei­tet auch von der Stadt her­aus kei­ner­lei Schwierigkeiten.

Auf­such­kar­te Hya­den (Melot­te 25) (126,2 KiB, 334 hits)

Steckbrief für Melotte 25

Objekt­na­meMelot­te 25
Kata­log­be­zeich­nungCol­lin­der 50, OCL 456
Eigen­na­meHya­den, Regen­ge­stirn, Hyades
Typoffe­ner Stern­hau­fen, II 3 m
Stern­bildStier (Tau­rus)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)04h 27m 00,0s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)+16° 00′ 00″
V Hel­lig­keit0,5 mag
Win­kel­aus­deh­nung330,0′
Anzahl der Sterne40
Hells­ter Stern3,4 mag
Durch­mes­ser17 Licht­jah­re
Ent­fer­nung143 Licht­jah­re
Beschrei­bungvvB,vvL,irr; Tau­rus moving cluster;Aldebaran not a member 
Ent­de­ckerprä­his­to­risch
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 3 & 9 
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 49
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 185–186 (Vol I)
Pocket Sky Atlas: Chart 15
Sky Atlas 2000: Chart 11
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 97

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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