Objekte des Monats: Die Feuerradgalaxie Messier 101

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Die Spi­ral­ga­la­xie Mes­sier 101 (NGC 5457) im Stern­bild Gro­ßer Bär (Ursa Major) wur­de am 27. März 1781 von dem fran­zö­si­schen Astro­no­men Pierre Méchain ent­deckt, der die Posi­ti­on des Objekts an sei­nen Freund Charles Mes­sier wei­ter­lei­te­te. Mes­sier über­prüf­te des­sen Posi­ti­on und nahm das Objekt noch im sel­ben Jahr in die end­gül­ti­ge Ver­si­on sei­nes berühm­ten Nebel­ka­ta­logs auf. Gleich­zei­tig über­nahm er Méchains Beschrei­bung der Gala­xie und beschrieb sie als recht gro­ßen, schwa­chen Nebel ohne Ster­ne. Der deutsch-bri­ti­sche Astro­nom Wil­helm Her­schel beob­ach­te­te M 101 am 14. April 1789 und nahm eini­ge nebu­lö­se Fle­cken um den Zen­tral­be­reich der Gala­xie war. Heut­zu­ta­ge haben die­se Fle­cken alle einen sepa­ra­ten Ein­trag im NGC-Kata­log. Im Jahr 1851 beschrieb der iri­sche Astro­nom Wil­liam Par­son, der 3. Earl of Ros­se, als einer der ers­ten Beob­ach­ter die Spi­ral­struk­tur des „Nebels“. Er beob­ach­te­te M 101 mit sei­nem 72 Zoll New­ton-Reflek­tor „Levia­than“ von Birr Cast­le aus und fer­tig­te auch meh­re­re Skiz­zen an. Heut­zu­ta­ge ist Mes­sier 101, auf­grund ihres äuße­ren Erschei­nungs­bil­des, als Feu­er­rad­ga­la­xie (Pin­wheel-Gala­xie) bekannt und auch im Arp-Kata­log der unge­wöhn­li­chen Gala­xien als Arp 26 kata­lo­gi­siert. Gleich­zei­tig ist die Gala­xie, nach Mes­sier 31 und Mes­sier 33, die visu­ell dritt­größ­te Gala­xie im Messier-Katalog.

Das hellste Mitglied eines kleinen Galaxienhaufens

Mes­sier 101 ist eine 28,8 x 26,9 Bogen­mi­nu­ten gro­ße und 7,7 mag hel­le Grand-Design-Spi­ral­ga­la­xie vom Hub­ble-Typ SBc, die wir von unse­rer Posi­ti­on aus fast genau von oben betrach­ten. Auf­grund ihrer schein­ba­ren Grö­ße an unse­rem Him­mel, besitzt sie nur eine gerin­ge Flä­chen­hel­lig­keit. Sie befin­det sich nach neus­ten Erkennt­nis­se 22 Mil­lio­nen Licht­jah­re von der Erde ent­fernt und ist das hells­te Mit­glied einer Grup­pe aus 9 Gala­xien, zu denen auch die Spi­ral­ga­la­xien NGC 5204, NGC 5474, NGC 5585 sowie die bei­den irre­gu­lä­ren Zwerg­ga­la­xien NGC 5477 und Holm­berg IV (UGC 8837) gehö­ren. Mit einem abso­lu­ten Durch­mes­ser von 184.000 Licht­jah­ren, ist M 101 etwas grö­ßer als unser eige­nes Milch­stra­ßen­sys­tem und besitzt eine Gesamt­mas­se von rund 1 Bil­li­on Son­nen­mas­sen, wobei die Schei­ben­mas­se nur rund 100 Mil­li­ar­den Son­nen­mas­sen beträgt. Von der Aus­deh­nung und Hel­lig­keit her ist Mes­sier 101 mit der Andro­me­da­ga­la­xie (Mes­sier 31) ver­gleich­bar. Die Zen­tral­re­gi­on der Gala­xie besitzt eine Mas­se von unge­fähr 3 Mil­li­ar­den Sonnenmassen.

Weitfeldaufnahme von Messier 101
Weit­feld­auf­nah­me der 22 Mil­lio­nen Lj. ent­fern­ten Gala­xie Mes­sier 101

Wir bli­cken genau von oben auf die Schei­be der Gala­xie, die visu­ell recht sym­me­trisch erscheint. Auf län­ger belich­te­ten Auf­nah­men erkennt man aber, dass die Zen­tral­re­gi­on von M 101 sich deut­lich außer­halb des Zen­trums der Schei­be befin­det und die Gala­xie weit aus­ge­präg­te­re und asym­me­tri­sche Spi­ral­ar­me besitzt. Die Ursa­che dafür sind ver­mut­lich gra­vi­ta­ti­ve Wech­sel­wir­kun­gen mit den Nach­bar­ga­la­xien NGC 5474, NGC 5477 und Holm­berg IV in der Ver­gan­gen­heit. Als Fol­ge die­ser Begeg­nung wird das Was­ser­stoff­gas in der Schei­be kom­pri­miert und eine star­ke Ster­nen­ent­ste­hung in den Spi­ral­ar­men aus­ge­löst, wobei sich hei­ße und mas­se­rei­che blaue Ster­ne bil­den. Auf­grund der hohen Stern­ent­ste­hungs­ra­te wur­den in den zurück­lie­gen­den Jahr­zehn­ten gleich vier Super­no­vae in M 101 ent­deckt: SN 1909A, SN 1951H und SN 1970G. Die letz­te Super­no­va, SN 2011fe, leuch­te­te am 24. August 2011 in Mes­sier 101 auf und wur­de sehr früh von einer voll­au­to­ma­ti­sier­ten Him­mels­durch­mus­te­rung, im Rah­men des Palo­mar Tran­si­ent Fac­to­ry, ent­deckt. Die Super­no­va war vom Typ Ia und erreich­te am 10. Sep­tem­ber eine maxi­ma­le Hel­lig­keit von 9,9 mag. Damit war SN 2011fe, die durch die Explo­si­on eines Wei­ßen Zwer­ges in einem engen Dop­pel­stern­sys­tems aus­ge­löst wur­de, selbst in einem grö­ße­ren astro­no­mi­schen Fern­glas erkenn­bar und gleich­zei­tig die nächs­te Super­no­va seit dem Jahr 1987!

Feuerradgalaxie
Die Feu­er­rad­ga­la­xie (M 101) im Stern­bild Gro­ßer Bär – Auf­nah­me von Mario Richter

Auf lang belich­te­ten Auf­nah­men sind mehr als 3.000 Stern­wol­ken und H‑II-Regio­nen bekannt, wobei 1.264 von die­sen mit einer eige­nen Num­mer kata­lo­gi­siert wur­den. Sie ent­stan­den durch die Gezei­ten­kräf­te der Nach­bar­ga­la­xien. In ihnen ent­ste­hen auch heu­te noch vie­le mas­se­rei­che Ster­ne, die das Gas in ihrer Umge­bung zum Leuch­ten anre­gen. Zehn von die­sen hel­len, stern­bil­den­den Regio­nen, die zum Teil eine Mas­se von bis zu 10 Mil­lio­nen Son­nen­mas­sen besit­zen, haben sogar eige­ne NGC-Num­mern erhal­ten und über­tref­fen sogar die Mas­se einer Zwerg­ga­la­xie. NGC 5447, NGC 5455, NGC 5461, NGC 5462 und NGC 5471 sind hell genug, um auch in mit­tel­gro­ßen Ama­teur­te­le­sko­pen gese­hen zu wer­den. Da Mes­sier 101 uns rela­tiv nahe steht, kön­nen in ihrer Schei­be auch zahl­rei­che Cep­hei­den, die für die Ent­fer­nungs­be­stim­mung wich­tig sind, von Groß­te­le­sko­pen direkt beob­ach­tet wer­den. Es wird geschätzt, dass M 101 mehr als 150 Kugel­stern­hau­fen besitzt, was unge­fähr der Anzahl in unse­ren eige­nen Milch­stra­ßen­sys­tem ent­spricht. Im Jahr 2001 wur­de mit Hil­fe des Chandra-Rönt­gen­te­le­skop eine ultra­hel­le Rönt­gen­quel­le mit der Bezeich­nung M101 ULX‑1 iden­ti­fi­ziert. Vier Jah­re spä­ter wur­de mit Hil­fe des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops (HST) und XMM-New­ton ein opti­sches Gegen­stück gefun­den. Die­se Rönt­gen­quel­le ist hel­ler als jeder Stern in M 101 und besteht aus einem Rönt­gen­dop­pel­stern, wobei der eine Beglei­ter ein Schwar­zes Loch von 20 bis 30 Son­nen­mas­sen zu sein scheint. Am 28. Febru­ar 2006 ver­öf­fent­lich­te die NASA und die ESA ein sehr detail­lier­tes Foto von Mes­sier 101, das mit Hil­fe des HST auf­ge­nom­men wur­de. Es besteht aus 51 Ein­zel­auf­nah­men und ist zur Zeit das größ­te und detail­lier­tes­te Bild einer Spi­ral­ga­la­xie.

Messier 101 (HST)
Mes­sier 101 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: ESA/Hubble, CC BY 4.0, via Wiki­me­dia Commons

Beobachtung

Obwohl Mes­sier 101 in der astro­no­mi­schen Lite­ra­tur mit einer Hel­lig­keit von 7,7 mag ange­ge­ben wird, ver­teilt sich ihr Licht auf eine Flä­che, die der schein­ba­ren Grö­ße des Voll­mon­des ent­spricht. So ver­wun­dert es nicht, dass ihre Flä­chen­hel­lig­keit nur 14,8 mag pro Qua­drat­bo­gen­se­kun­den beträgt. Die Sicht­bar­keit von Mes­sier 101 hängt des­halb beson­ders stark von der Trans­pa­renz und Dun­kel­heit des Him­mels ab. Mit­un­ter ist sie selbst in einem 8 Zöl­ler, bei schlech­ten Sicht­ver­hält­nis­sen, ein schwie­ri­ges Objekt. In vie­len Gegen­den in Deutsch­land bleibt die Gala­xie des­halb unsicht­bar. Ein mit­tel­mä­ßi­ger Land­him­mel ist für eine Beob­ach­tung der Gala­xie min­des­tens erfor­der­lich. Mit einem 7x50 oder 10x50 Fern­glas erscheint M 101bereits als klei­nes Nebel­wölk­chen ohne Kern. Mit klei­nen Tele­sko­pen zwi­schen 3 und 4 Zoll Öff­nung und nied­ri­ger Ver­grö­ße­rung ist nur die Zen­tral­re­gi­on als ver­wa­sche­ner, ova­ler und knapp 15 Bogen­mi­nu­ten gro­ßer Licht­fleck ohne Struk­tu­ren zu erken­nen. Das unmit­tel­ba­re Zen­trum der Gala­xie erscheint etwas hel­ler. Ab 5 Zoll Öff­nung ist der Zen­tral­be­reich gut sicht­bar. Der Rand­be­reich bleibt aber nach wie vor dif­fus. Unter exzel­len­ten Bedin­gun­gen sind indi­rekt schon andeu­tungs­wei­se die Spi­ral­ar­me, in Form von fle­cki­gen Struk­tu­ren, erkenn­bar. Hier­bei han­delt es sich um die hells­ten Stern­wol­ken und Nebel, die sich ent­lang der Spi­ral­ar­me kon­zen­trie­ren. Ab 8 bis 10 Zoll Öff­nung tre­ten die­se Kno­ten dann deut­li­cher in Erschei­nung. Mit einem Schmal­band­fil­ter und hoher Ver­grö­ße­rung kön­nen nun auch ein­zel­ne HII-Regio­nen mit NGC-Kata­log­ein­trä­gen aus­ge­macht wer­den. NGC 5447 ist der hells­te Kno­ten und befin­det sich 6 Bogen­mi­nu­ten süd­west­lich des Kerns von M 101. Unmit­tel­bar nörd­lich des Gala­xien­kerns steht ein Stern der 12. Grö­ßen­klas­se, der nicht mit einer Super­no­va ver­wech­selt wer­den darf. Ab 12 Zoll Öff­nung sticht die Zen­tral­re­gi­on deut­lich her­vor. Vor einem dif­fu­sen Halo sind nun auch direkt die Spi­ral­ar­me als flä­chen­haf­te Struk­tu­ren mit ein­zel­nen Kon­den­sa­tio­nen in der Gala­xien­schei­be wahr­nehm­bar. Mit noch grö­ße­rer Öff­nung soll­ten nun auch zahl­rei­che Gas­ne­bel und Stern­wol­ken in den Spi­ral­ar­men deut­li­cher hervorstechen.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für Mes­sier 101 – erstellt mit SkytechX

Mes­sier 101 steht ober­halb der Deich­sel des Gro­ßen Wagens, an der Gren­ze zum Stern­bild Bären­hü­ter (Boo­tes), und ist am bes­ten in den Früh­lings­mo­na­ten beob­acht­bar. Sie bil­det mit den Ster­nen Mizar (Zeta UMa, 2,2 mag) und Alkor (4,0 mag) sowie dem Stern Alkaid (Eta UMa, 1,8 mag) ein gleich­sei­ti­ges Drei­eck. Die Gala­xie befin­det sich rund 5,7° öst­lich von Mizar und 5,5° nord­öst­lich von Alkaid. Um Mes­sier 101 auf­zu­su­chen, betrach­ten wir die Ket­te aus Ster­nen der 5. und 6. Grö­ßen­klas­se, die sich rund 3° in öst­li­cher Rich­tung, von der Ver­bin­dungs­li­nie Mizar und Alkor aus­ge­hend, erstreckt. Nun stel­len wir den öst­li­chen die­ser Ster­ne (86 UMa) in die Mit­te des Sucher­fern­roh­res ein. Rund 1,5° nord­öst­lich die­ses Sterns befin­det sich unser Objekt, nach­dem wir einen wei­te­ren Stern der 7. Grö­ßen­klas­se, 0,5° von 86 UMa ent­fernt, pas­siert haben.

Auf­such­kar­te Feu­er­rad­ga­la­xie (Mes­sier 101) (79,8 KiB, 352 hits)

Steckbrief für Messier 101

Objekt­na­meMes­sier 101
Kata­log­be­zeich­nungNGC 5457, UGC 8981, PGC 50063, MCG 9–23-28
Eigen­na­meFeu­er­rad­ga­la­xie Pin­wheel Galaxy
TypGala­xie, SBc
Stern­bildGro­ßer Bär (Ursa Major)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)14h 03m 12,4s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)+54° 20′ 58″
V Hel­lig­keit7,5 mag
Flä­chen­hel­lig­keit14,9 mag
Win­kel­aus­deh­nung28,8′ x 26,9′
Posi­ti­ons­win­kel26°
Abso­lu­te Helligkeit-20,822 mag
Durch­mes­ser184.000 Licht­jah­re
Ent­fer­nung22,7 Mil­lio­nen Lichtjahre
Beschrei­bungpB,vL,iR,g,vsmbM,BSN; P w NGC 5474;SN 1909;spir galax w one hea­vy arm;B knot E
Ent­de­ckerPierre Méchain, 1781
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 1, 4, 5
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 11
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 569–570 (Vol II)
Pocket Sky Atlas: Chart 42
Sky Atlas 2000: Chart 2
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 23

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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